Eltern & Selbstfürsorge

Nicht selten versuchen Eltern ihre Kinder optimal großzuziehen, ihrem Beruf nachzugehen, den Haushalt zu führen und Beziehung sowie Freundschaften zu pflegen. Am besten sollen wir auch noch immer gut gelaunt sein und uns nicht so viel beschweren oder? Als Elternteil kann es schnell passieren, die eigenen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Denn neben all den schönen Momenten ist die Elternrolle auch mit vielen Anforderungen verbunden. Vor allem die Summe vieler alltäglicher Schwierigkeiten tragen zu einem erhöhten Stresslevel bei. Gründe dafür sind Überanstrengung und fehlende Grenzen. Wie gut wissen Eltern, was sie brauchen? Wie gut weißt Du, was Deine Bedürfnisse sind, wo Deine Grenzen liegen?

Wenn alles zu viel wird

Wenn ich ganz offen und ehrlich bin, manchmal halte ich das überfordernde Gefühl in bestimmten Situationen fast nicht aus. Was bei mir das Fass zum Überlaufen bringt: Kind will nicht kombiniert mit Zeitdruck und/oder keine Energie mehr. Mein Mann kennt das ähnlich. Wir tauschen kurz einen Blick aus und geben der anderen Person die Möglichkeit, die Situation zu verlassen und sich zu sammeln. Uns wird allen mal alles zu viel. Diese Hinweise zu erkennen und zu schauen, welche Möglichkeiten es dafür gibt, was es braucht sich selbst in der Hinsicht mehr zu unterstützen, empfinde ich als enorm wichtig und geht oft in der Elternrolle unter. Dazu kann ich nur empfehlen, redet darüber!

Die eigenen Bedürfnisse

Nur wer sich mit den eigenen Bedürfnissen und Grenzen auseinandersetzt, also wenn Eltern sich selbst sehen und anerkennen, können sie durch eine gute Verbindung zu inneren Empfindungen ihre eigenen Bedürfnisse erkennen. Der Schlüssel zum Gleichgewicht ist, unangenehme Zustände rechtzeitig zu erspüren und diese verändern zu können. Es liegt auf der Hand, dass die Selbstfürsorge der Eltern einen positiven Einfluss auf die Kinder hat, denn schlussendlich fällt es Eltern leichter gelassen zu sein und angemessen auf Probleme innerhalb der Familie zu reagieren, wenn sie ausgeglichen sind.

Ich wünsche mir für mein Kind, dass ich ihr die richtigen Hilfsmittel an die Hand gebe die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu kennen und diese auch durchsetzen zu können. Denn ich weiß, dass sie das brauchen wird, um zukünftig für ihr eigenes Wohlbefinden angemessen sorgen zu können. Ob ich es möchte oder nicht, in vielen Dingen bin ich als Mutter ihr Vorbild. Ich bin das Modell, von dem sie durch Beobachtung am meisten lernt, bewusst oder unbewusst. Demnach setze ich als Mutter, die für sich selbst sorgt und auf ihr Wohlbefinden achtet, positive Impulse dafür, dass mein eigenes Kind es zukünftig auch kann.

Ich muss oftmals den Raum verlassen, wenn mich meine Gefühle überwältigen und ich ein paar Sekunden durchatmen muss. Im Nachhinein erkläre ich ihr, dass ich einen Gefühlssturm hatte und wütend/traurig/sauer war und kurz Zeit brauchte um mich zu beruhigen. Seitdem merke ich erst, wie viel sie sich eigentlich von mir abschaut! Denn auch sie verlässt den Raum um ihre Wut rauszulassen, kommt dann erleichtert wieder zurück und erklärt mir, warum sie geweint hat.

How to Selbstfürsorge

Somit sollten Eltern sich nicht aufopfern, sondern ein flexibles Spiel zwischen den Familienmitgliedern zulassen. Auch Kinder dürfen die Grenzen von Mama, Papa oder anderen Bezugspersonen kennenlernen. Wenn z.B. ihre Tante mal zu Besuch kommt und mein Kind sie beim Essen unterbricht, weil sie unbedingt mit ihr spielen will, dann wird sie schnell dazu verleitet, den Wünschen meiner Tochter gerecht zu werden und ihre Mahlzeit zu unterbrechen. In dem Moment erinnere ich sie, dass sie zu Ende essen kann, wenn sie möchte. Bei der Selbstfürsorge geht es folglich im Vordergrund darum zu erkennen, nicht nur die Erwartungen anderer erfüllen zu wollen, sondern auch eigenen Bedürfnissen nachzugehen. Hier sind einige Kategorien der Selbstfürsorge:

  • körperliche Selbstfürsorge: ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung, Bewegung
  • psychologische Selbstfürsorge: Förderung des Selbstvertrauens
  • emotionale Selbstfürsorge: eigene Gefühle ernst nehmen, eigene Grenzen respektieren werden und auch mal nein sagen, Zeit mit den Liebsten
  • spirituelle Selbstfürsorge: einen Sinn in den Dingen, die man tut, finden
  • kognitive Selbstfürsorge: Förderung von Wissen und Kompetenz 

Im Beruf Elternsein ein Burnout zu haben, bringt am Ende allen nichts und hemmt die elterlichen Fähigkeiten, angemessen auf die Bedürfnisse der Kinder zu reagieren. Achten Eltern auf ihre eigenen Bedürfnisse, können sie sich intensiver auf die ihrer Kinder einlassen, ein tieferes Verständnis für die kindliche Entwicklung erlangen, Schuldgefühle abbauen und Vertrauen hinsichtlich der eigenen Erziehungskompetenz aufbauen! Evolutionär gesehen, war es übrigens nie der Plan, dass sich nur 1-2 Bezugspersonen, um die Kinder kümmern, da das schlichtweg viel zu anstrengend ist. Es heißt auch nicht umsonst, dass es ein Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Auch Oma, Opa, Tante, Onkel, Freunde, Babysitterin oder wer euch noch einfällt, können den Bedürfnissen nach Nähe und Geborgenheit der Kinder nachgehen. Ich musste, als ich in eine fremde Stadt zog, erkennen, dass man manchmal sich Unterstützung in der Umgebung suchen muss und somit sich eine eigene Familie aufbaut, in der sich alle Mitglieder gegenseitig unterstützen. Unterstützung gilt mit als stärkste Ressource für Eltern.  

Quellen: 
Bloomquist, K. R., Wood, L., Friedmeyer-Trainor, K., & Kim, H. W. (2015). Self-care and professional quality of life: Predictive factors among MSW practitioners. Advances in Social Work, 16(2), 292-311.
Domsch H., Lohaus A., Fridrici M. (2016) Hilfen gegen Stress: Was Eltern tun können. In: Kinder im Stress. Springer, Berlin, Heidelberg.
Kattan C. (2019) 13. Woche: Selbstfürsorge. In: Aktiv Depressionen vorbeugen. Springer, Berlin, Heidelberg.
Lohaus, A., Domsch, H., & Fridrici, M. (2007). Elternstress. Stressbewältigung für Kinder und Jugendliche, 209-216.